BAHNKOMPETENZ AUF WELTREISE

Die fachgerechte Produktion von Betonschwellen und Gleistragplatten erfordert Erfahrung, Know-how sowie die entsprechende Ausrüstung. So speziell sind die Anforderungen, dass die nicht gerade leichten Betonteile zuweilen aus Österreich sogar um die halbe Welt geschickt werden!

Mit einer Reihe von Produktionsstätten und Kompetenzzentren in Österreich, Osteuropa sowie in der Türkei ist die Kirchdorfer Gruppe schon lange ein bedeutender Player bei großen Bahn-Infrastrukturprojekten. Eines der Spezialprodukte in diesem Bereich sind vorgespannte Weichenbetonschwellen, die in einem eigenen Joint Venture mit der „voestalpine Weichensysteme GmbH“, einem der weltweit führenden Anbieter von Weichensystemen, entwickelt und vertrieben werden.

„Weichenstellendes“ Joint Venture
In der gemeinsamen TSF-A GmbH („Turnout Sleeper Factory Austria“) wird von den beiden Partnern die Weiche als Gesamtsystem seit beinahe einem Jahrzehnt kontinuierlich weiterentwickelt und am Standort Sollenau für den zentral- und osteuropäischen Markt produziert. Auch in die Schweiz sowie bis nach Irland reichen die Exportmärkte der TSF-A. Dass die Weichenbetonschwellen aus Sollenau neuerdings sogar quer über den Atlantik und durch den Panama-Kanal bis hin an die Pazifikküste Südamerikas verschifft werden, ist jedoch ein Novum, das einer äußerst internationalen Projektkonstellation zu verdanken ist.

TSF-A verschifft Weichenbetonschwellen nach Peru
In der peruanischen Hauptstadt Lima leben bereits über 10 Millionen Menschen. Für eine leistungsstarke Erweiterung des U-Bahn-Netzes greift die Stadtverwaltung nun tief in die Tasche: Mit einer Investitionssumme von 5,8 Mrd. USD wird die neue „Metro de Lima Linea 2“ eine der modernsten U-Bahn-Strecken der Welt. 35 km lang wird sie mit Tunnelvortriebsmaschinen errichtet und bis 2021 mit modernsten, vollautomatischen japanischen Zügen aus italienischer Fertigung ausgestattet. Teil des prestigeträchtigen Megaprojektes, das von einem spanisch/italienisch/peruanischen Konsortium errichtet wird, sind auch ca. 14.400 lfm Weichenbetonschwellen, die bis 2019 von der TSF-A in Sollenau über Antwerpen bis zum peruanischen Hafen Callao verschifft werden. Nach dem Weitertransport zu den Einbaustationen erfolgt die Montage der Weichen, die von der spanischen Tochter Jez der voestalpine VAE GmbH geliefert werden, auf den Weichenbetonschwellen. Damit bei der Montage vor Ort keine unerwarteten Probleme auftauchen, wurden vorab Weichenbetonschwellen nach Spanien geliefert, wo Jez eine erfolgreiche Prototypenmontage durchgeführt hat. Für den Schiffstransport werden die Schwellen noch in einem speziellen „Holzkäfig“ verpackt, um Transport- und Handlingschäden zu vermeiden. Danach steht dem „Schiff ahoi“ in Richtung Peru nichts mehr im Wege.

Logistische Herausforderungen
Ein großes „kleines Problem“ galt es jedoch vor der Abreise der Gleistragplatten noch zu überwinden: Ihrer Majestät Kuriere erschienen mit herkömmlichen Planen-LKW in Wöllersdorf – nicht gerade der übliche Standard beim Verladen diffiziler Betonfertigteile. Was normalerweise über eigene Transporthaken von oben verladen wird, musste in diesem Fall von der Seite mithilfe von Staplern für den Straßentransport durch den Tunnel unter dem Ärmelkanal verladen werden.

Doch ein auf Zehntelmillimeter exakt produziertes und mit elektronischen Theodoliten bis in den letzten Winkel nachvermessenes Betonteil greift man selbstverständlich nicht so einfach und „irgendwie“ an: Also waren die Statiker bei der MABA noch kurzerhand gefordert, um eine neue, schonende Verhebemethode zu errechnen, die dem kostbaren Gut entsprechend guttut. Somit war der Weg schließlich frei für bis zu 6 Fuhren pro Tag, die mit jeweils 5 Gleistragplatten bestückt auf die Reise geschickt wurden. Aufpassen musste man nur mehr, ja nicht die Platten zu verwechseln: Denn gleichzeitig wurde in Wöllersdorf ebenso für den Hengsbergtunnel produziert, der im Zuge der Koralmbahn in der Steiermark errichtet wird.

Derartige logistische Überraschungen standen den Kollegen in Sollenau auch bevor – denn die Verschiffung der Weichenschwellen nach Lima stand für den Frühling 2018 auf dem Programm. Gut vorbereitet ist man aber auch bei der TSF-A, denn die kostbare Fracht wurde in eigens für diesen Auftrag entworfenen Holzkonstruktionen fachgerecht für die Reise über den Atlantik verpackt. Einfacher haben es dann jedenfalls die Kollegen in Peru – denn die neue U-Bahn-Linie beginnt just am Hafen von Callao, wo die in Beton gegossene Bahnkompetenz der Kirchdorfer Gruppe eingetroffen sind. Das Fazit der beeindruckenden Exporterfolge lautet jedenfalls: Österreichische Ingenieurskunst ist weltweit gefragt.

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